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ZwillE – Digitaler Zwilling zum KI-unterstützten Management von Wasser-Extremereignissen im urbanen Raum

© Scherbinator/Shutterstock.com

Kurzbeschreibung

Hydrologische Extremsituationen nehmen weltweit zu. Sie führen zu wirtschaftlichen und ökologischen Schäden und erfordern neue Ansätze für das Management des Wassersektors. Das Ziel des Verbundprojektes ZwillE besteht in der Entwicklung von Methoden und Werkzeugen für die Erstellung eines Digitalen Zwillings einer städtischen Entwässerungsinfrastruktur als Basis für eine proaktive Bewältigung von Wetterextremereignissen im urbanen Raum. Unter dem Begriff „Digitaler Zwilling“ wird hierbei ein virtuelles Abbild verstanden, das auf Grundlage von Messdaten und Simulationsmodellen den aktuellen Zustand des abgebildeten Systems widerspiegelt und durch Einbeziehung von Prognosen der wichtigsten Einflussfaktoren wie z.B. Niederschlagsdaten eine vorausschauende Szenario-Analyse ermöglicht. Der Digitale Zwilling soll mit Hilfe eines KI-basierten Assistenten unter Einbeziehung von formalisiertem Erfahrungswissen Handlungsempfehlungen zur Vorsorge und zum Umgang mit Wetterextremereignissen geben. Die vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen werden dem Fachpersonal über einen Erklärbare-KI-Ansatz transparent erläutert, um Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz zu verbessern. Die prototypische Entwicklung und anschließende Validierung des Gesamtsystems erfolgt am Beispiel der Entwässerungsinfrastruktur der Stadt Hannover.

Ziel

Vor dem Hintergrund von in den letzten Jahren stark zunehmenden Wasser-Extremereignisse wie Hochwasser, Sturzfluten und Dürren gilt es, für den urbanen Funktionsraum neue Konzepte und Strategien für den Umgang mit extremen hydrologischen Ereignissen zu erarbeiten. Das Projektvorhaben ZwillE zielt dazu auf die Entwicklung eines Digitalen Zwillings für die städtische Abwasserinfrastruktur einschließlich der Einleitungsgewässer ab, welcher Messdaten, Prognosen, Simulationsmodelle, Erfahrungswissen der Akteure sowie einen darauf aufbauenden KI-basierten digitalen Assistenten integriert und so ein transdisziplinäres und systemisches Betriebs- und Risikomanagement von Wasser-Extremereignissen ermöglicht. Das Vorhaben ist als praxisnahes Projekt mit direkter Umsetzung beim Projektpartner Stadtentwässerung Hannover konzipiert, so dass eine schnelle und effektive Überführung von Ergebnissen in die Anwendungspraxis ermöglicht wird.

Arbeitspakete (AP)

Im Rahmen des AP 1 erfolgt die Beschreibung der Anforderungen an das Gesamtsystem des Digitalen Zwillings sowie die Definition und Analyse verschiedener Extremwetter-Szenarien. Die vorgenannten Ausarbeitungen finden dabei für den Anwendungsfall in Hannover unter Berücksichtigung der Übertragbarkeit auf andere Städte bzw. Anforderungen statt.

In AP 2 wird die Systemarchitektur für das Gesamtsystem Digitaler Zwilling definiert. Des Weiteren erfolgt die Spezifikation und anschließende technische Umsetzung einer geeigneten, auf Standards basierenden Daten- und Kommunikationsinfrastruktur unter Berücksichtigung der vorhandenen Bestandsdateninfrastruktur.

In AP 3 werden für exemplarisch ausgewählte Untersuchungsgebieten in Hannover Messprogramme durchgeführt, die kontinuierlich Daten zu Wasserhaushalt und -beschaffenheit in den Teileinzugsgebieten sowie Prozessdaten auf den Klärwerken online erfassen, um das Systemverhalten während Wasser-Extremereignissen analysieren zu können. Vorab erfolgt eine Datenrecherche zu bisher durchgeführten Messkampagnen und anderen Datenerhebungen in Hannover und Umland sowie bei anderen niedersächsischen Kommunen, die alle Wasserkompartimente berücksichtigt.

In AP 4 werden meteorologische Messdaten und Modelldaten aufbereitet und im Hinblick auf Wasser-Extremereignisse ausgewertet. Die Auswertungen erfolgen sowohl auf Basis von historischen Daten als auch auf Basis von Klimaprojektionsdaten, um eine Abschätzung der Effekte des Klimawandels auf die betrachteten Wasser-Extremereignisse und des daraus resultierenden Überschwemmungsrisikos im urbanen Raum zu ermöglichen. In einem Echtzeitsystem werden Niederschlagsmessdaten verarbeitet und Niederschlagsprognosen erzeugt und in Nahezu-Echtzeit für den Online-Dienst im Digitalen Zwilling bereitgestellt.

AP 5 dient der Entwicklung des integrierten Simulationsmodells als Basis für den Digitalen Zwilling. Dazu werden zunächst die einzelnen Teilmodelle aufgebaut unter Nutzung und Weiterentwicklung der Simulationssoftware SIMBA#. Die Teilmodelle umfassen das Kanalnetz von Hannover inklusive Einzugsgebiet mit relevanten Oberflächengewässern. Die Teilmodelle werden sodann in ein Gesamtmodell integriert, das anschließend für die Szenario-Analyse und Ableitung resultierender Schwachstellen und Risiken genutzt wird.

AP 6 hat das Ziel, die maschinelle Nutzung von Erfahrungswissen zur Bewältigung von Extremwasserszenarien zu ermöglichen. Hierzu werden zunächst geeignete Wissensrepräsentationsmodelle entwickelt. Im Anschluss wird explizites und implizites Erfahrungs- und Dokumentenwissen (z.B. Strategievorschläge für mittel- und langfristige Anpassungen der Wasserinfrastruktur sowie für kurzfristige Maßnahmen) erhoben und formalisiert. Diese Gegenmaßnahmen fließen später in die Simulationen im Digitalen Zwilling ein und werden dort hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bewertet.

AP 7 entwickelt unter Nutzung der Wissensbasis (AP 6) eine Entscheidungsassistenz mit wirksamen Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Extremwetterszenarien. Dazu kombiniert die Assistenz in Simulationen prognostizierte Schwachstellen mit dem formalisierten Erfahrungswissen über erfolgversprechende Gegenstrategien in ähnlichen Situationen. Mittels nachvollziehbarer KI-Methoden werden Entscheidungsträger bei der Auswahl geeigneter schwachstellenbezogener Gegenmaßnahmen unterstützt.

Das AP 8 dient als Integrationsarbeitspaket und fügt die in den vorangegangenen Arbeitspaketen entwickelten Teilkomponenten zu einem Gesamtsystem Digitaler Zwilling zusammen. Dabei werden drei Use Cases realisiert: (a) die Abbildung des aktuellen Ist-Zustands des Abwassersystems, (b) die kurzfristige Planung von Maßnahmen zur Bewältigung von Wasser-Extremereignissen und (c) die langfristige Planung des Abwassersystems zur Bewältigung zukünftiger Anforderungen in Folge klimatischer Veränderungen.

Im AP 9 wird der Digitale Zwilling prototypisch getestet, validiert und optimiert. Dafür wird eine technische Infrastruktur aufgebaut und in Probebetrieb genommen. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen zur Validierung der Simulationsmodelle, Optimierung der Datenflüsse und Bestimmung von Randbedingungen für die Kopplung mit realen Systemen. Ergebnisse werden projektbegleitend kommuniziert, insbesondere im Austausch mit anderen Betreibern der Abwasserreinigung.