Durch die Klimaerwärmung nehmen extreme Wetterereignissen, wie Starkregen und Dürren, zu. Dies zeigt sich vor allem in der belegbaren Zunahme von Trogwetterlagen, bei denen es zu längeren Hitze- oder Starkregenphasen kommt. Auch in Deutschland führt diese Entwicklung zu erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Besonders akut sind aus Starkregen resultierende Überflutungen und Sturzfluten, da hier nur eine rechtzeitige Frühwarnung Menschenleben retten kann.
Im Nachgang an das Hochwasser in der Goslarer Altstadt im Sommer 2017 hat das Institute for Software and Systems Engineering der Technischen Universität Clausthal (ISSE) gezeigt, dass sich Hochwasserereignisse mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) unter Betrachtung verschiedener meteorologischer und hydrologischer Daten deutlich präziser vorhersagen lassen. Dafür wurden ein „KI basiertes Hochwasserfrühwarnsystem“ entwickelt. Notwendig sind dazu Daten mit einer Genauigkeit von 15 Minuten zu Niederschlagsmengen und Pegelständen von Messtationen. Die Herausforderungen der geringen Datenlage zu Extremereignissen wurde durch den Einsatz von sogenannten residuellen Long-Short-Term-Memory-Netzen angegangen. Das bedeutet, dass im Trainingsdatensatz selbst keine Extremereignisse enthalten sein müssen, um diese vorherzusagen. Im Raum Goslar können die vorhandene Sensorinfrastruktur sowie historisch erhobene Daten genutzt werden. Hierbei soll die Künstliche Intelligenz die empirischen Daten wie Niederschlag, Bodenfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung über einen vergangenen Zeitraum observieren und in Verhältnis mit dem aktuellen Wasserpegel setzen. Es wird eine mögliche Korrelation vorausgesetzt, so dass gefährliche Spitzenwerte frühzeitig vorausgesagt werden können. Das Prognoseverfahren ist damit ein Kernstück für die Koordination einer Reihe baulicher Maßnahmen zur Prävention von Hochwasser und Überflutungsereignissen. Es wird nun in der Leitwarte des Krisenstabes in Goslar eingesetzt und erlaubt die zwei- bis vierstündige Vorhersage von Hochwassern.
Das System wurde gemeinsam von dem ISSE und den Harzwasserwerken entwickelt, die im Rahmen des Verbundprojektes TrinkXtrem zusammen an der Anpassung der Trinkwasserversorgung an Extremereignisse arbeiten, insb. während Dürreperioden. Die Region im Harz ist jedoch sowohl von Trockenheit als auch von Hochwasser und Überflutungen geprägt. Aus der bereits existierenden Kooperation resultierte die weitere Zusammenarbeit am KI-Prognosesystem für die Stadt Goslar.